Samstag, 31. Dezember 2016

Woche 20... Ein Jahr geht zuende

Hey guys, 

Jetzt sitze ich hier, es ist viertel nach neun und bald ist 2016 zu Ende, aber ich habe beschlossen noch einen letzten Eintrag zuschreiben -zum einen weil heute Samstag ist und zum anderen, weil ich irgendwie das Bedürfnis habe mal so einen kleinen Rückblick zu gestalten. 

Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, wie wundervoll mein letztes Silvester war. Wahrscheinlich das schönste, welches ich bisher hatte. 
Wie ich mit meiner Oma traditionsweise ins Momentum gegangen bin, wie die Schule wieder angefangen hat, die Prüfungen kamen, stressten und wieder gingen. 
Wie der Sommer näher gerückt ist, wie wir alle immer mehr und gleichzeitig immer weniger über die Zukunft, die Oberstufe und die ganzen Auslandsjahre geredet haben. 
Wie ich diesen Blog begonnen habe.
Wie meine Freunde 16 wurden, wie ich 16 wurde. Wie ich meinen Hund und meine Gastfamilie erhalten habe, wie ich das meiner Freundin damals in die Ohren gequietscht habe, als wir uns abends getroffen hatten. 
Und dann dieser Moment, wie ich das letzte Mal aus der Bahn gestiegen bin und zu meiner Schule gegangen bin. Wie wir die Klasse geschruppt, geputzt und auf Hochglanz poliert haben. Wie wir draußen auf dem Flur vor der Klasse saßen und uns über die Zeit unterhalten haben, die Zeit die vergangen war -so schnell- und die Zeit die noch kommen würde -so beängstigen und aufregend zugleich. 
Und dann kamen die Sommerferien, diese zwei letzten Wochen, alle letzten Male kamen und gingen, hingen kurz an mir und verflogen wieder. Die verzweifelten Versuche manche Momente ewig festzuhalten. 
Der Tag der Abreise von einer Freundin, der meinige. Letzte Tränen, Umarmungen und angsteinflößende Gedanken. Gefühle, die in meinen Adern rumkursieren und austicken. Ein Soft Landing Camp, das mich im Endeffekt mehr Einfluss auf mich hatte, als ich je zu träumen gewagt hätte. 
Der Tag meiner Ankunft auf Gotland. 
Der erste Schultag, auf meiner "neuen" Schule, mein erster schwedischer Satz, das erste Wochenende in Stockholm, die Ferien auf dem Festland, das Winterwonderland, die Weihnachtszeit, das Weihnachten und nun letzten Endes sitze ich hier. 

Am letzten Tag eines so vollen, aufregenden und unglaublich stressigen und auch nervenaufreibenden Jahr. Besonders die letzten paar Monate haben mich unglaublich verändert und gestärkt und mir gezeigt, was ich liebe, was ich habe, was ich nicht mag, was ich mag und was ich schätze. 

Es ist unglaublich, wie sehr mich die letzten Monate verändert haben und wie sehr ich dennoch das kleine Mädchen bin, das damals in der 5.Klasse so furchtbar unglücklich war. 
Ich hasse und liebe 2016. 
Ich weiß nicht wie 2017 wird, ob ich dieses Jahr vermissen werde und zurück möchte. Wie es wird 17 zu sein, wieder so eine unbrauchbare Zahl. 
Ich liebe die 16, ich mag es 16 zu sein, Ich fühle mich erwachsen und dennoch so klein, niedlich, jung. 
Aber 17? Das ist schon fast 18. Das möchte ich eigentlich noch nicht. 
Aber vielleicht wird 2017 gar nicht so schlimm, vielleicht wird es besser, schöner und noch aufregender, vielleicht verändert sich weniger als ich glaube und vielleicht wird es ein wundervolles Jahr voller neuer Erfahrungen. 
Aber egal, was ich mir jetzt vorstelle, überlege und plane, es wird sowieso ganz anders kommen, es wird kommen, wie es kommen soll und das ist wahrscheinlich auch gut so. 

In genau einem Jahr kann ich dann mir selbst eine solche Reflektierung (Ist das ein Wort?) darlegen und einschätzen, was ich von 2017 halte und was ich 2018 wünschen, hoffen und erleben könnte. Ein ewiger Kreislauf. 

Habt einen wundervollen Rutsch ins neue Jahr.
Frohes neues Jahr. 
Danke für alles. 

Vi ses snart, 

Lea


Dienstag, 27. Dezember 2016

Das Ende meines Lieblingskalenders: Jul

Hey guys,

Hier kommt wie schon so halb angekündigt mein Weihnachtseintrag.
Dies hier wird für mich eher so ein "Etappen-Schreiben". Ich werde immer mal wieder etwas ergänzen in den nächsten Tagen und wenn ihr in gerade lest, ist Weihnachten vorüber und meine Erlebnisse sind zu Erinnerungen geworden.

22. Dez 
Heute haben Karin, Ebba und ich einen Weihnachtsbaum ins Haus geschafft. Diesen haben wir im nahegelegenen Wald angesägt, vor die Tür gestellt und dann abends ins Haus gebracht und nach dem Abendessen dekoriert. Außerdem ist heute schon meine värdfarmor -die Mutter meines Gastvaters- angekommen und Ebba ist aus ihrem Zimmer "ausgezogen", da dort ihre Tante über die Feiertage wohnen wird.

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23.Dez
Heute hat Ebba Geburtstag. Ich bin in dieser Nacht extra so lange wach geblieben, dass ich ihr gleich um Mitternacht gratulieren und ein kleines Geschenk überreichen kann. Gegen viertel vor zehn am Morgen, haben wir Ebba dann mit Geschenken, heißer Schokolade und ziemlich aus dem Takt geratenen Gesang geweckt. Nachdem der Struggle des Auspackens im Bett überwunden war, haben wir uns in die Küche begeben, um zu frühstücken. Gegen drei Uhr kamen dann Ebbas Verwandten und ihr Freund zu Kaffee, Tee und Eistorte, welche ich mit Karin am 21. Dezember vorbereitet hatte. Abends kamen dann noch andere Gäste vorbei, mit welchen wir eine Lasagne auf Ebbas Wunsch zum Abendessen hatten. Das einzige, das wir heute für morgen vorbereitet haben, war die Gemüsepastete. Den Rest werden wir morgen Vormittag machen.

24.Dez
Heute ist Weihnachten. Nach einem gemütlichen Frühstück haben wir den Tag erst einmal ruhig angehen lassen. Meine Gastmutter hat Köttbullar vorbereitet, Ebba und ich haben kleine Geschenkchen in Socken aufgemacht, uns angezogen und dann habe ich eine Art vegetarische Köttbullar gemacht, alles Mögliche mit Petersilie verziert, Möhren mit Ebba gemacht und eine Jogurtsoße. Um drei Uhr sind wir dann bei den Verwandten nebenan eingeschneit, haben dort erst einen Glögg getrunken, bis das Julbord (zu Deutsch "Weihnachtsbüffee" typisch schwedische Tradition für Weihnachten) eröffnet war und wir zusammen gespeist haben. Nach einem Dessert, sowie einigen selbstgemachten Weihnachtsgodis und Kaffee und Tee, sind Ebba und ich dann wieder rüber gegangen. In kuscheliger Kleidung haben wir dann die Päckchen von meiner Familie geöffnet und anschießend die Geschenkeverteilung in der Familie vorbereitet. Nach den ganzen Geschenken, noch mehr zu essen, dieses Mal gab es Milchreis und Tee und einem merkwürdigen Film, gehe ich jetzt gleich ins Bett. Und morgen kommt noch mehr Besuch. :o

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Ja, ich habe ein kleines Presenteplätzchen eingerichtet. 

25.Dez
Heute stand mal wieder unglaublich viel Essen auf dem Plan. Meine värdfarmor hat Truthahn gemacht, da wir um 3 Uhr (irgendwie ist das in diesem Haus dieses Jahr die Zeit zum Gästeempfangen.) 10 Gäste erwartet haben. Das Essen war gut, keine Frage. Ich habe sogar festgestellt, dass ich Rosenkohl mag, den ich eigentlich nur genommen hatte, weil er so niedlich aussah und der Rotkohl nicht so toll war, für meinen Geschmack. Naja, nachdem ich dann viel zu viel Rosenkohl, Milchreis und Fruchtsalat gegessen habe und mir echt schlecht war, habe ich mich ein bisschen auf mein Bett gelegt, auf dem ich letztendlich auch irgendwann eingeschlafen bin. Wie lange diese Gesellschaft dann ins Gesamt noch ging, kann ich also nicht sagen. Aber irgendwie war gestern echt ein anstrengender Tag. Ich hoffe, dass der letzte Festtag ruhiger wird.

26.Dez
Der zweite Feiertag war glücklicherweise tatsächlich ruhiger und unhektischer. Ebba und ich haben zwei Disneyfilme gesehen, abends haben wir nur zu siebt -also alle, die in dem Haus über Weihnachten waren, meine Gastfamilie und ich- gegessen. 

Abschließend kann ich sagen, dass es auf jeden Fall interessant war, Weihnachten mal woanders zu verbringen und eine andere weihnachtliche Kultur kennenzulernen, wenn gleich auch ziemlich hart und durchaus stressig in diesem Haushalt. Alles in allem bin ich doch recht froh, dass es nun vorbei ist. Ich hoffe, ihr hattet alle wundervolle Feiertage und vielleicht sogar Schnee? Dieser ist bei mir leider ausgeblieben, dafür ist es mal wieder ziemlich windig auf der Insel...


Vi ses snart,


Lea

Donnerstag, 22. Dezember 2016

Woche 18&19... Weihnachtliche Gedanken

Hey guys,

Heute kommt mal etwas, was ich noch nie gemacht habe. Ich werde in diesem Blogpost eher weniger meine eigenen Worte veröffentlichen, sondern vielmehr die meiner Freundin Valentina. Sie hat vor ein paar Tagen den unten zulesenden Poetry-Slam geschrieben und abgesehen davon, dass ich Slams an sich schon liebe, finde ich diesen ganz besonders toll, gerade jetzt wo es auf Weihnachten zugeht und deshalb bin ich auch unglaublich dankbar, dass mir erlaubt wurde diesen wunderbaren Text hier zu veröffentlichen. Aus diesem Grund habe ich auch Woche 18 und 19 in diesem Blogeintrag verlinkt, da der nächste Blogeintrag sich hoffentlich ein bisschen um Weihnachten hier auf Gotland drehen wird.
Ich habe jetzt Ferien und da ich mich vor Weihnachten wahrscheinlich nicht mehr melden werde, wünsche ich euch allen einen wundervollen Weihnachtsabend und God Jul!


Vi ses snart,

Lea

Weihnachtliche Gedanken
Weihnachten
Was ist das überhaupt?
Weihnachten
Überall kann man es lesen
Überall kann man es hören
Weihnachten
An jedem Wochenende findet irgendwo ein Weihnachtsmarkt statt
Wo anders spielen sie ein Weihnachtskonzert
Und im Kalender steht 1. und 2. Weihnachtsfeiertag
Überall kann man es finden
Weihnachten
Aber was bedeutet das?
Weih-nach-ten
Wird man da nachts geweiht während man schläft?
Oder ist „Weihnachten“ etwas ganz anderes?
Hat „Weihnachten“ überhaupt eine definierbare Bedeutung?
Oder ist es für jeden etwas anderes?
Was macht Weihnachten überhaupt zu Weihnachten?
Sind es die Geschenke?
Sind es die Lieder?
Sind es die Geschichten?
Sind es die Gedichte?
Ist es der Kirchenbesuch?
Ist es das Krippenspiel?
Oder ist es vielleicht doch etwas ganz anderes?
Was macht Weihnachten überhaupt zu Weihnachten?
Was ist Weihnachten für euch?
Ist es nur ein Fest wie jedes andere?
Ist es der Tag, an dem man in die Kirche muss?
Ist es die Zeit, in der man all die nervigen Verwandtenbesuche macht?
Ist es die Zeit, um ein Festmahl zu genießen?
Ist es der Moment, in dem man zu viele Plätzchen isst?
Oder ist es doch etwas ganz anderes?
Was ist Weihnachten für euch?
Weihnachten
Was ist das überhaupt?
Für Weihnachten gibt es weder falsche noch richtige Definitionen
Weihnachten ist für jeden etwas anderes
Für manche ist es einfach nur der Tag an dem Gottes Sohn das Licht der Welt erblickte
Für andere bedeutet es eine Zusammenkunft der Familie
Für einige bedeutet es Stress
Und für manche bedeutet es Einsamkeit
Weihnachten
Was ist das überhaupt?
Was ist Weihnachten für mich?
Weihnachten ist:
Die Zeit der Zusammenkunft,
Die Zeit der Gemeinschaft,
Die Zeit der Geborgenheit,
Die Zeit der Freude,
Die Zeit der Familie,
Die Zeit der Freunde,
Aber auch die Zeit des Schenkens und Beschenkt Werdens
Doch nicht nur materielle Dinge werden verschenkt,
denn wir schenken uns viel mehr
Wir schenken uns Freude,
Wir schenken uns Trost,
Wir schenken uns Geborgenheit,
Wir schenken uns Glück,
Wir schenken uns Zeit
Und wir schenken uns Liebe.
Weihnachten
Was ist das überhaupt?
Weih-nach-ten

Es ist die Zeit der Liebe und Geborgenheit


Samstag, 10. Dezember 2016

Woche 17... Diese kleinen Gefühle, Patronen und nervige Menschen

Hey guys,

Weihnachten. Das Fest der Liebe, des Beisammensein und der Familie und Verbundenheit. Dieses Jahr bin ich fern ab der Heimat. Stört mich das? Ich weiß es nicht so recht. Ja, es wird unglaublich anders. Aber anders könnte doch auch gut sein, oder nicht? Ich denke schon, immerhin habe ich auf dieser großen, kleinen Inseln eine Art zweite Heimat gefunden, eine Familie, die ich ins Herz geschlossen habe, auch wenn hier so einiges anders ist als zuhause in Hamburg. Also kann anders ja auch gut sein. Kein richtiges Problem also.
Aber irgendwas ist da doch. Jedes Mal wenn mich jemand fragt, wann ich denn jetzt nach Deutschland fliege oder ob ich fliege, ob meine Familie herkommt. Nein, alles nicht. Ist verboten und das ist auch normal so.
Dann sehen mich meine Gesprächspartner an und denken kurz nach, dann hauen sie einen Spruch raus, wie "Aber so ohne Familie an Weihnachten, dass könnte ich ja nicht." oder "Das stelle ich mir ziemlich hart vor." "Was eine komische Regel von der Organisation. Wieso stellen die sowas denn auf?" oder "Man sollte an Weihnachten doch nicht ohne seine Familie sein."
Und ganz plötzlich wollen sie eigentlich keine Antwort mehr, schließlich lassen sie mir, während sie diese und ähnliche Sätze wie Geschütze abschießen, gar keine Zeit zum Antworten. Und in diesen Momenten, wenn ich dann da sitze oder stehe, neben dieser Person, die mir erzählen -oder sich selbst- wie ungerecht, schrecklich und merkwürdig sie das finden, ja dann passiert etwas mit mir.
Ich weiß nicht genau was es ist, vielleicht als würde einer dieser Sätze -einer dieser Patronen mich treffen, nicht im Herzen, dafür sind sie nicht stark genug, die Worte wiegen nicht genug, sie kommen nur von Bekannten, Menschen mit denen ich mal ein paar Worte wechsle.
Eine dieser Sätze -dieser Patronen- schafft es dennoch mich zu berühren. Manchmal ist es mein Arm, manches Mal mein Bein, die sie abbekommt und der Schmerz zieht wie bei einer wahrhaftigen Schussverletzung durch meinen Körper, übernimmt meinen Kopf, mein Blut, meinen Geist, meist nur für wenige Sekunden oder Minuten und doch zieht dieser Schmerz durch mich, gefolgt von einem kleinen Anflug von Wut. Leute, die darüber reden, dass sie das alles nicht könnten, während jede dieser Kerzen mir immer wieder weiß macht, dass es bald soweit ist für mich.
Für mein erstes Weihnachten alleine.
Und diese Leute, die die mit sich selbst darüber reden, merken es nicht einmal mehr, sie merken nicht, dass ihre Münder zu Waffen wurden und ihre Worte zu Patronen, sie reden und reden und manches Mal scheint es, als würden sie immer weiterreden und nie ihr Ende finden, als müssten sie nicht nachladen -bis irgendjemand oder etwas sie unterbricht.
Die Waffe verschwindet, der Schmerz verblasst und die Hülsen und Patronen verploppen wie kleine Seifenblasen.
Und dann ist da nur noch dieses dumpfe Gefühl in meinem Bauch oder diese Trockenheit in meinem Mund und dann für diese wenigen Sekunden, in denen ich noch vergessen bin, macht sich diese leichte Nervosität und vielleicht auch ein kleines bisschen Angst breit.
Sie überschwappen mich mit all diesen Sätzen und Zitaten, die mein Kopf in den letzten Tagen und Wochen dazu schon gesammelt hat und fallen über mir zusammen, regnen aus meinem Innern in mein Bewusstsein runter und lassen mich für einen Moment innehalten.
Schaffe ich das wirklich?
Ist es das was ich mir für mein Weihnachten wünsche?
Und dann für einen ganz kleinen, ja nahezu minimalen Moment frage ich mich, ob all die kleinen Zweifel Recht haben und ob es wohlmöglich das unschönste Weihnachten wird, das traurigste, das einsamste und ich kann mir diese eine Frage nie beantworten und vielleicht werde ich das erst in dem Moment können, wenn ich meinen letzten Atemzug auf dieser Erde nehme und dann habe ich die Antwort, die Antwort auf diese Frage, die mir jetzt -mit 16 Jahren- durch den Kopf wandert.
Aber hier und jetzt kann ich diese Frage nicht beantworten, das weiß ich, aber ich weiß das ich mir genau in diesen Momenten selbst erklären kann, was ich in den letzten -jetzt genau 4 Monaten- erreicht und geschafft habe, was ich mir vor wenigen Jahren noch nicht mal so richtig vorstellen konnte.
Ja, und es hilft, weil ich weiß, dass egal wie meine Antwort auf diese Frage eines Tages ausfallen wird, ich habe es trotzdem geschafft. Ich habe mich zusammengenommen und habe dieses "schreckliche Weihnachten ohne Familie und so einsam" ausgehalten, überlebt und ich würde mal behaupten auf die ein oder andere Weise genossen, denn schließlich bin ich aus genau solchen Gründen vor vier Monaten losgeflogen, habe alles hinter mir gelassen und habe hier angefangen ein neues kleines Leben aufzubauen. 


Vi ses snart,


Lea

Samstag, 3. Dezember 2016

Woche 16... Erfahrung, Erkenntnis und Erinnerung

Hey guys,

Noch ist es nicht soweit, dass meine Uhr zwölf schlägt und der ganze Zauber vorbei ist. Ich habe noch Zeit mein Märchen zu genießen. Dennoch rennt die Zeit, sie gleitet mir nahezu durch die Finger und ich weiß gar nicht wie mir geschieht, denn tatsächlich ist es so, dass bereits nächste Woche mein Zeiger auf 4 Monate vorrutscht. Einfach so. 
Als ich kleiner war und die Zeit zwar schnell verging, aber die Jahre doch ewig brauchten, um mich in die erste Klasse zu bringen, habe ich so oft gehört, "Ach, bist du groß geworden." oder "Wie die Zeit doch rennt!" und ich glaube, dass ich mich fast jedes Mal gefragt habe, was das soll. 
Die Zeit rannte doch gar nicht, ich war schließlich immer noch im Kindergarten oder in der ersten Klasse und bis ich erwachsen sein würde, würde es noch eine Ewigkeit dauern. 
Als ich dann größer wurde, habe ich verstanden, was die Erwachsenen damals meinten. Die Zeit rennt tatsächlich. Wenn ich zurück sehe, erscheinen mir meine einzelnen Schuljahre unglaublich kurz und erst letztes Jahr um diese Zeit habe ich genau hiervon geträumt und jetzt sitze ich hier und wieder rennt die Zeit.

Die Zeit heilt alle Wunden.

Wunder bringt die Zeit.

Zeit ist Geld.

Die Menschheit macht sich seit Jahrtausenden Gedanken um die Zeit, um ihre Verwendung und um ihrer Verschwendung, aber wenn wir nicht genau wissen, was Zeit eigentlich ist, wie können wir dann behaupten, dass sie Geld ist, Wunder bringt oder unsere Wunden heilt? Wenn kein Mensch auf dieser Welt die Zeit erklären kann und uns erzählen kann, was Stunden, Minuten und Sekunden eigentlich sein sollen, wie kann ich mir dann sicher sein, dass ich sie richtig nutze? 
Wie kann ich wissen, dass ich meine Zeit nicht verschwende, wenn ich nicht einmal weiß, was dieses Zeit eigentlich ist? 
Geld ist etwas, das die Menschheit vor vielen Leben erschaffen hat, um sich das Leben irgendwie zu strukturieren, haben wir dann dasselbe mit der Zeit getan, denn schließlich ist Zeit ja Geld. 
Und was ist, wenn nicht diese Zeit unsere Wunder bringt, sondern wir selbst? Was ist, wenn wir selbst unsere Wunder Tag ein, Tag aus erschaffen und es nur nicht merken? Was ist, wenn diese Zeit damit gar nichts am Hut hat? Wie sollte sie auch? 
Und wie soll Zeit etwas heilen, das wir tief in uns verstecken, so tief, dass vielleicht nicht einmal unser Nächster es erkennen kann, so tief, dass es vielleicht nicht mal von uns selbst bemerkt wird. Wie sollte die Zeit so etwas anstellen? 

Zeit ist ein Mysterium, das sich die Menschheit zu erklären versucht. Die Menschheit will schlau sein, gebildet, wissend, aber vor allem will sie alles um sich herum unter Kontrolle haben und weil irgendwoher diese Zeit kommt und wir sie einfach nicht erklären können und das eigentlich jedem schlauen Kopf bewusst ist, verdrängen wir das ganz einfach. Wir verdrängen, dass wir es nicht erklären können, wir grenzen es in unsere Einheiten und behaupten es zu wissen, aber letzten Endes wissen wir doch nicht mehr, als dass dieses Phänomen Zeit wohl noch eine ganze Weile über uns stehen wird, wenn nicht sogar für immer.

Aber warum erzähle ich euch das eigentlich? Weil ich die Zeit liebe. Ich würde mich so gerne bei ihr -oder ihm- bedanken, weil ich die Chance bekomme etwas aus meinem Leben zu machen, etwas aus dem zu machen, was wir als Jahr bezeichnen. Jede sogenannte Woche zu genießen und, wenn meine Uhr dann zwölf schlägt mehr mitnehmen zu können, als einen gläsernen Schuh und die Erinnerung an das was war. Ich möchte mich so gerne bedanken, dass es mir erlaubt ist ein zweites Zuhause zu finden, neue magische Momente zu sammeln und Erkenntnisse, Erfahrung und Erinnerungen aus jeden einzelnen Moment zu ziehen.
Wir alle sind an die Zeit gebunden, ob wir wollen oder nicht. Keine Erfahrung, Erkenntnis oder Erinnerung ist zeitlos, auch wenn sich die Menschheit das gerne einredet. Nur wenn die Zeit uns gewährt diese zu sammeln und uns gibt, was wir brauchen, um eben dies zu tun, ist es uns möglich das zu tun. 
Wenn die Zeit es nicht möchte, dass wir eine Erinnerung behalten, stiehlt sie uns ebendiese, dasselbe gilt für alles in unserem Leben. Vielleicht mögen die Menschen machtvoll, gefährlich und unberechenbar sein, aber die Zeit ist unberechenbarer, machtvoller und weitaus gefährlicher, als wir vielleicht je vermuten würden. 
Und aus irgendeinem Grund gewährt die Zeit mir solche Momente, sie halt mir erlaubt mir ein Sozialleben Stück für Stück in Schweden, auf Gotland aufzubauen, sie hat mir geholfen eine Sprache endlich anfangen zu sprechen ohne jedes Wort vor Angst falsch zu betonen, sie hat mir geholfen zu dem Mensch zu werden, der ich heute bin. 
Dennoch bin auch ich nicht sicher vor ihrer Macht, sie wird mir all das wieder nehmen, zwar nie vollkommen, aber irgendwann -schon in nur noch ein bisschen mehr als 6 Monaten- werde ich hier sitzen, verzweifeln, wie ich mein Leben erneut in ein paar Kartons und einen Koffer stopfen und all das wieder zurück befördern soll. 
Aber bis es soweit ist, hoffe ich, dass die Zeit mir noch einige wundervolle Momente, wie in dieser Woche genehmigt. 
Ein Utbytesstudent-Fika, mit den andern beiden Austauschschülern am Freitag nach der Schule. 
Einen echt schönen Tag mit Ebba in der Stadt und ein Kinobesuch am Abend mit Ebba und einer Klassenkameradin heute.
Ein weiteren wundervollen Termin bei meinem Steinkurs diesen Mittwoch und jeder dieser kleinen Erfolge, die ich erleben darf. Dieses Glücksgefühl, das mir durch die Adern fließt, wenn ich für mein Schwedisch gelobt werde, wenn ich etwas richtig gemacht habe, wenn ich mich etwas getraut habe. 
Einfach unglaublich.



Vi ses snart,


Lea