Samstag, 10. Dezember 2016

Woche 17... Diese kleinen Gefühle, Patronen und nervige Menschen

Hey guys,

Weihnachten. Das Fest der Liebe, des Beisammensein und der Familie und Verbundenheit. Dieses Jahr bin ich fern ab der Heimat. Stört mich das? Ich weiß es nicht so recht. Ja, es wird unglaublich anders. Aber anders könnte doch auch gut sein, oder nicht? Ich denke schon, immerhin habe ich auf dieser großen, kleinen Inseln eine Art zweite Heimat gefunden, eine Familie, die ich ins Herz geschlossen habe, auch wenn hier so einiges anders ist als zuhause in Hamburg. Also kann anders ja auch gut sein. Kein richtiges Problem also.
Aber irgendwas ist da doch. Jedes Mal wenn mich jemand fragt, wann ich denn jetzt nach Deutschland fliege oder ob ich fliege, ob meine Familie herkommt. Nein, alles nicht. Ist verboten und das ist auch normal so.
Dann sehen mich meine Gesprächspartner an und denken kurz nach, dann hauen sie einen Spruch raus, wie "Aber so ohne Familie an Weihnachten, dass könnte ich ja nicht." oder "Das stelle ich mir ziemlich hart vor." "Was eine komische Regel von der Organisation. Wieso stellen die sowas denn auf?" oder "Man sollte an Weihnachten doch nicht ohne seine Familie sein."
Und ganz plötzlich wollen sie eigentlich keine Antwort mehr, schließlich lassen sie mir, während sie diese und ähnliche Sätze wie Geschütze abschießen, gar keine Zeit zum Antworten. Und in diesen Momenten, wenn ich dann da sitze oder stehe, neben dieser Person, die mir erzählen -oder sich selbst- wie ungerecht, schrecklich und merkwürdig sie das finden, ja dann passiert etwas mit mir.
Ich weiß nicht genau was es ist, vielleicht als würde einer dieser Sätze -einer dieser Patronen mich treffen, nicht im Herzen, dafür sind sie nicht stark genug, die Worte wiegen nicht genug, sie kommen nur von Bekannten, Menschen mit denen ich mal ein paar Worte wechsle.
Eine dieser Sätze -dieser Patronen- schafft es dennoch mich zu berühren. Manchmal ist es mein Arm, manches Mal mein Bein, die sie abbekommt und der Schmerz zieht wie bei einer wahrhaftigen Schussverletzung durch meinen Körper, übernimmt meinen Kopf, mein Blut, meinen Geist, meist nur für wenige Sekunden oder Minuten und doch zieht dieser Schmerz durch mich, gefolgt von einem kleinen Anflug von Wut. Leute, die darüber reden, dass sie das alles nicht könnten, während jede dieser Kerzen mir immer wieder weiß macht, dass es bald soweit ist für mich.
Für mein erstes Weihnachten alleine.
Und diese Leute, die die mit sich selbst darüber reden, merken es nicht einmal mehr, sie merken nicht, dass ihre Münder zu Waffen wurden und ihre Worte zu Patronen, sie reden und reden und manches Mal scheint es, als würden sie immer weiterreden und nie ihr Ende finden, als müssten sie nicht nachladen -bis irgendjemand oder etwas sie unterbricht.
Die Waffe verschwindet, der Schmerz verblasst und die Hülsen und Patronen verploppen wie kleine Seifenblasen.
Und dann ist da nur noch dieses dumpfe Gefühl in meinem Bauch oder diese Trockenheit in meinem Mund und dann für diese wenigen Sekunden, in denen ich noch vergessen bin, macht sich diese leichte Nervosität und vielleicht auch ein kleines bisschen Angst breit.
Sie überschwappen mich mit all diesen Sätzen und Zitaten, die mein Kopf in den letzten Tagen und Wochen dazu schon gesammelt hat und fallen über mir zusammen, regnen aus meinem Innern in mein Bewusstsein runter und lassen mich für einen Moment innehalten.
Schaffe ich das wirklich?
Ist es das was ich mir für mein Weihnachten wünsche?
Und dann für einen ganz kleinen, ja nahezu minimalen Moment frage ich mich, ob all die kleinen Zweifel Recht haben und ob es wohlmöglich das unschönste Weihnachten wird, das traurigste, das einsamste und ich kann mir diese eine Frage nie beantworten und vielleicht werde ich das erst in dem Moment können, wenn ich meinen letzten Atemzug auf dieser Erde nehme und dann habe ich die Antwort, die Antwort auf diese Frage, die mir jetzt -mit 16 Jahren- durch den Kopf wandert.
Aber hier und jetzt kann ich diese Frage nicht beantworten, das weiß ich, aber ich weiß das ich mir genau in diesen Momenten selbst erklären kann, was ich in den letzten -jetzt genau 4 Monaten- erreicht und geschafft habe, was ich mir vor wenigen Jahren noch nicht mal so richtig vorstellen konnte.
Ja, und es hilft, weil ich weiß, dass egal wie meine Antwort auf diese Frage eines Tages ausfallen wird, ich habe es trotzdem geschafft. Ich habe mich zusammengenommen und habe dieses "schreckliche Weihnachten ohne Familie und so einsam" ausgehalten, überlebt und ich würde mal behaupten auf die ein oder andere Weise genossen, denn schließlich bin ich aus genau solchen Gründen vor vier Monaten losgeflogen, habe alles hinter mir gelassen und habe hier angefangen ein neues kleines Leben aufzubauen. 


Vi ses snart,


Lea

3 Kommentare:

  1. hej spätzchen!
    lass dich nicht verunsichern!
    auch dieses Weihnachten wird wunderschön und magisch, vielleicht auch gerade weil es anders ist als zuhause. anders ist gut und richtig! du machst das ganz toll und bewältigst soviel neue Situationen, da wird auch diese neue erfahrung in einer tollen zweiten Familie wunderbar werden!!
    also lass die leute ruhig reden und lauten denken und mach die ohren zu :)

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  2. Und ich hasse es gerade, dass es bei Blogger keinen "Reblog"-Button gibt.
    Du beschreibst das so treffend! Genau so ist es nämlich.
    Ich hasse diese Fragen so sehr! Diese Regelung macht nämlich durchaus Sinn und mal unter uns gesagt, ich bin mir sicher, dass wenn wir heim gehen würden, würden wir gar nicht mehr herwollen und uns dannach extrem schwer tun.
    Also, alles hat seinen Grund und Weihnachten im Schnee wird bestimmt schön :)


    (Und du kommst aus Hamburg, what :D)

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  3. Hej Line auch dieser eintrag ist wichtig. Und schon wieder ein beweis dafür, dass man nicht früh genug lernen kann auch mit doofen, unsinnigen, nicht qualifizierten Äußerungen umzugehen.
    Du bist in deiner zweiten familie so gut angekommen und angenommen halt daheim!
    Kopf hoch - richte die Krone - und sei weiterhin neugierig und gespannt auf alles neue!
    Ich hdl schöne Grüße



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